Sagen
Wer sich mit Sagen beschäftigt, ist gut beraten, die romantischen Klischees zu meiden. Sagen sind nämlich keine verklärten Botschaften aus uralter Zeit, sondern eher zeitgebundene literarische Texte, nicht selten erst im 19. und 20. Jahrhundert entstanden.
Sagen und Geschichten gehören in unserer Region bis in die heutige Zeit zum täglichen Leben. In vielen Orten wurden sie von den Großeltern an die Enkelkinder weitergegeben. Kulturvereine, Historiker, Chronisten und Autoren waren bemüht, diesen Schatz zu hüten und für die Nachwelt zu erhalten. So gibt es in unserer Region zahlreiche Publikationen, die sich diesem Thema widmen.
Auf den folgenden Seiten haben wir für Sie aus den verschiedensten Quellen Sagen und Geschichten zusammengetragen. Sollten Sie Ihre Lieblingssage nirgends finden, dann senden Sie uns diese gerne per E-Mail. Helfen Sie mit, die Schatztruhe zu füllen.
Und nun viel Vergnügen beim Stöbern!
Archsum einmal ganz ausgestorben
Durch die große Pest um 1350 wurde auf Sylt der größte Teil der Bevölkerung weggerafft. Das Kirchspiel Morsum soll damals bis auf elf Personen, das Dorf Archsum aber ganz ausgestorben sein. In Keitum wurden die vielen Leichen in die sogenannte Pestkuhle in der Nordostecke des Kirchhofs haufenweise hineingestürzt, und es sang dort zuletzt nur noch eine alte Frau in der Kirche beim Gottesdienst. In den Norddörfern der Insel blieben ein Mann und ein kleines Kind übrig, in Westerland drei Familien, welche die Felder des Dorfes unter sich verteilten und den Walldeich zum Schutz gegen die Fluten bauten. Rantum allein blieb verschont, und die Rantumer bezogen die leeren Häuser in Archsum.
Die Archsumburg
Im Jahre 1338 entstand durch anhaltendes Regenwetter große Hungersnot und großes Sterben auf Sylt. Diese traurige Zeit benutzte der dänische König, um seine Macht in den friesischen Außenlanden zu befestigen; denn bisher hatten die Friesen nur etwa alle sieben Jahre einige alte Steuern, Plogskat und Pligtskat genannt, an die Dänen bezahlt. 1359 kam sein General Zappy mit einer Armee, um die Frisen zu bändigen. Er ging im Winter über das Eis nach Sylt. Aus den Trümmern des menschenleeren Dorfes ließ er die Archsumburg erbauen, und er befestigte das schloßähnliche Gebäude mit Wall und Graben. Doch nicht lange herrschten die Fremden hier. Von Süden und Südwesten zogen, wahrscheinlich nach der verheerenden Flut von 1362, viele Seefahrer aus Gatum und Rantum vor die verhaßte Zwingburg. Diese freiheitsliebenden Sylter vertrieben den dänischen Edelmann, rissen die Burg bis auf den Wall nieder und bauten dann rings um die alte Burgstätte das jetzige Archsum.
Den großen Erdwall der Burg ließen die Archsumer noch lange stehen; allein sie duldeten niemals, dass sich jemand innerhalb desselben anbaute, obgleich der Platz ziemlich hoch, trocken und flutfrei war. Die alte Burgstätte galt, wie es scheint, dem Sylter Volke fortan als ein Siegeszeichen der Volksfreiheit und Volksgewalt. Eine Prophezeiung sagte, dort solle einst die Fahne der Freiheit wieder aufgepflanzt werden, und 1848 hieß es, man habe sie dort flattern sehen. Allein jetzt sind die letzten Reste des alten Burgwalls abgetragen, und die Burgstatte ist von den Archsumern selber geebnet worden.